OKR in der Praxis – Im Gespräch mit Axel Hermes von Valtech

Im April 2023 hatte ich die Freude an einer OKR-Paneldiskussion von ProductTank Düsseldorf teilzunehmen. Mit auf dem Podium: Axel Hermes, Principal Consultant Product & Service Innovation bei Valtech. Axel bringt viel Erfahrung aus dem Agentur- und Projektumfeld mit. Macht OKR da Sinn? Welche Grenzen gibt es? Und wie nutzt Valtech aktuell OKR. Diese und weitere Fragen haben wir in einem Gespräch vertieft.

Heute im Interview

  • Axel Hermes – Principal Consultant Product & Service Innovation bei Valtech
  • Valtech ist eine Fullservice-Digitalagentur, die langjährige Technologie-Kompetenz mit Marketing-Erfahrung verknüpft. Valtech versteht sich als Partner für die digitale Transformation von Unternehmen. Die Bandbreite reicht von mobilen Anwendungen und Online-Kampagnen über E-Commerce-Plattformen und Customer Engagement-Plattformen bis hin zu maßgeschneiderter Software-Entwicklung und Beratung in agiler Methodik. Die Valtech GmbH gehört zur Valtech-Gruppe mit mehr als 5.500 Mitarbeitern an über 60 Standorten in 20 Ländern.

Christina: Hallo Axel! Freut mich, dass wir uns wiedersehen und das Thema “OKR im Agentur- und Projektumfeld” vertiefen können. Wie sieht dein aktueller Kontext aus? Wie setzt ihr OKR bei Valtech ein?

 

Axel: Valtech ist eine Digitalagentur und da ist die Projektdenke auf beiden Seiten beim Kunden und auch bei uns noch sehr präsent. Wir sind vor drei Jahren auf der GmbH-Führungs-Ebene gestartet mit typischen Einführungsschmerzen von wie schreibe ich gute Objectives, auf was setze ich meinen Fokus und wie messe ich tatsächlich meine Key Results. Ich habe das die erste Zeit begleitet, zwischenzeitlich hat der OKR-Prozess an Dynamik verloren. Jetzt nutzen wir die Methodik freiwillig in den standortübergreifenden globalen “Craft Circles”. Ich bin beispielsweise im “Product Management Circle” aktiv und hier sind OKRs sehr wichtig, um uns auszurichten. Die Circles laufen relativ autonom und sind vom Management gesponsort aber nicht direkt gesteuert und so nutzen wir OKR, um uns innerhalb der Circle selbst zu steuern. 

So läuft es bei uns intern. Und dann sind wir natürlich weiterhin noch eine Agentur und da lebt man nunmal primär vom Projektgeschäft. Das ist unser Daily Business. Es gibt immer noch Projekte wie die Einführung eines neuen CMS (Content Management Systems), sprich dass Kunden mit einer sehr konkreten Idee auf uns zukommen und wir diese umsetzen sollen. Wir versuchen allerdings zunehmend, die outcomeorientierte Denke auch in die Projekte mit unseren Kunden zu nehmen und ihnen dadurch zu nachhaltigem Erfolg zu verhelfen. Da ist die Kernfrage “Was wollt ihr damit erreichen?” extrem wichtig.

 

Christina: Welche Vorteile bringt es für eine Agentur mit OKRs bzw. einem outcomeorientierten Ansatz mit euren Kunden zu arbeiten?

 

Axel: Wir sehen zunehmend, dass z B. reine Migrationsprojekte (von Technologie X zu Y) immer seltener werden. Ja, es gibt durchaus noch die Situation, dass eine IT-Abteilung kommt und sagt, wir brauchen eine App. Und wenn wir dann fragen, warum sie diese brauchen, stoßen wir einen Denkprozess an. Was ist das Problem, das gelöst werden soll? Ist die App die Lösung, die die gewünschte Wirkung erzeugt? Wir sprechen dann nicht von einem “echten” OKR-Prozess mehr von einer outcomeorientierten Ansatz. Denn es geht eben nicht mehr um “Deliverables”, sondern um die Wertsteigerung im Business. Wir stellen fest, dass immer mehr Kunden es schätzen, wenn wir gemeinsam beim Problem starten und nicht einfach nur eine Lösung liefern. Wir sind damit mehr Partner als Werkbank.

 

Christina: Und wo gibt es Grenzen?

 

Axel: Die Gefahr besteht, dass der OKR-Begriff mit beim Kunden im Einsatz befindenden Zielsystemen vermischt wird und nicht erkannt wird, was alles dahintersteckt. So nutzen beispielsweise unsere Kund:innen intern eigentlich ein anderes System, welches auch Objectives beinhaltet, aber gemessen werden dann zum Beispiel eher allgemeine KPI. Und dann kann es sein, dass auch noch die Zielerreichung bei Führungskräften an Gehälter gebunden ist. Wir als Dienstleister können da natürlich nicht reinschauen und auch nicht wirklich darauf Einfluss nehmen, wie die Steuerung des Unternehmens erfolgt.   

 

Christina: Wie plant ihr zum Beispiel intern die Kapazitäten, wenn doch noch gar nicht klar ist, wie das Problem gelöst wird

 

Axel: Das ist in der Tat nicht so einfach, denn eine gewisse Ergebnisoffenheit ist ja wichtig. Sonst setzen wir ja einfach nur eine Idee (z.B. eine App) um, die unter Umständen gar nicht die gewünschte Wirkung entfaltet. 

Wir versuchen idealerweise Teams, die sich schon kennen und eingespielt sind, beim Kunden einzusetzen. Die kennen nicht nur sich, sondern im besten Fall auch schon den Kunden und sind dann ein langfristig funktionelles Team. Arbeiten sie immer nach OKR? – Nein, noch nicht. Allerdings gehen die Diskussionen aus meiner Sicht in eine sehr gute Richtung, weil sie sich direkt mit den Herausforderungen und dem gewünschten Business Impact beschäftigen und beispielsweise Entwickler auch stark eingebunden sind.

Diese Art kontinuierliche Teams zu etablieren ist allerdings noch nicht so einfach, wenn man gleichzeitig die Auslastung aller Mitarbeiter auf einem gewissen hohen Level haben will. 

 

Christina: Mal angenommen, eine Agentur kommt auf dich zu und fragt: Axel, wie kann OKR bei uns funktionieren? Wie wäre deine Antwort?

 

Axel: Ich sehe einen großen Mehrwert, OKR für die Weiterentwicklung der Agentur zu nutzen. Welche Themen müsst ihr angehen, die sonst im Tagesgeschäft zu kurz kommen. Vielleicht ist es ein HR-Thema, wie ich als Agentur attraktiv auf dem Arbeitsmarkt bin? Vielleicht ist es aber auch ein Marketingthema. Egal was es ist, es hilft mir zu reflektieren, wie wir intern besser werden können, statt ausschließlich von außen getrieben zu sein. Und in einem zweiten Schritt kann man dann schauen, ob es dann eventuell auch auf die Ebene der Projekte, bzw. der Kundenbeziehungen erweitert werden kann. Ich glaube, da hilft schon diese Fokussierung mit der Frage “Was will ich erreichen?”. Ich würde der Agentur sagen: Ja, das Tagesgeschäft ist wichtig und gut. Aber bitte denke auch an das andere Ziel. Denk auch an dich selbst, denn sonst gibt es dich vielleicht als Agentur irgendwann nicht mehr. 

 

Christina: Vielen Dank für Deine Insights, Axel! 

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