Für mein Buch “OKR in der Praxis” habe ich mit über 30 Menschen aus Unternehmen über ihre Erfahrungen mit OKR gesprochen. Ich war neugierig: Wie funktioniert OKR in verschiedenen Settings? Woran scheitert OKR? Und wann macht eine Einführung von OKR Sinn? Kurzum: Wie wird OKR wirksam? Schon während des Schreibens des Buches war mir klar, dass meine Entdeckungsreise zu OKR in der Praxis gerade erst begonnen hat. Deshalb setze ich meine Mission “Beyond Theory” fort und spreche mit Praktikerinnen und Praktikern aus Unternehmen. Auf meinem Blog findest du die Interviews.
Heute im Interview
Sabine Koop – Corporate Development & Strategy Lead bei Spryker
Spryker hilft Unternehmen, führende Commerce Lösungen im B2B, B2C und als Marktplatz zu entwickeln.
Die ca. 650 Mitarbeitenden nutzen Objectives and Key Results (OKR) zur Strategieumsetzung.
Christina: Wir haben vor einem Jahr über OKR gesprochen. Was hat sich seitdem bei euch getan?
Sabine: Vor einem Jahr haben wir unseren OKR-Ansatz hinterfragt und wollten herausfinden, woran es hakt. Das haben wir über das ganze Unternehmen hinweg gemacht – von den Teams bis zum C-Level. Daraus haben wir abgeleitet, was wir angehen müssen. Ich habe dann sowohl die OKR-Champions bei uns im Unternehmen identifiziert und selbst trainiert als auch eng mit dem C-Level zusammengearbeitet. Es hieß, dran zu bleiben und gemeinsam alle zwei Wochen den Fortschritt zu überprüfen. Diese etablierten Routinen haben dann auch dazu geführt, dass man nach und nach eine Entwicklung in die richtige Richtung spüren konnte. Wir haben auch kontinuierlich am OKR-Prozess gearbeitet und beispielsweise von einer Kaskadierung auf “crossfunktionale OKR-Sets” umgestellt. Das hat zu einer besseren Fokussierung auf unsere strategischen Themen und verstärkter Zusammenarbeit im gesamten Unternehmen geführt.
Christina: Woran merkst du, dass es jetzt anders ist?
Sabine: Ich merke, dass die Menschen mir anders zuhören. Das fällt mir insbesondere bei den Check-Ins auf, wenn meine Fragen Diskussionen anregen. Wenn Themen “delayed” sind, machen wir das transparent und versuchen gemeinsam Lösungen zu finden. Wir nutzen OKR insbesondere, um uns gemeinsam auf unsere strategischen Themen zu konzentrieren. Und je mehr das C-Level sieht, dass dies passiert, desto mehr entsteht auch eine Sogwirkung.
Christina: Was hat sich sonst noch verändert?
Sabine: Wenn ich zurückblicke, muss ich sagen: Jeder OKR-Zyklus ist anders. Jeder Zyklus hat eine andere Dynamik und bringt Änderungen mit sich. Wir haben zum Beispiel unseren Zyklus auf vier Monate verlängert.
Christina: Was waren aus deiner Sicht eure Erfolgsfaktoren?
Sabine: Ownership und Accountability sind aus meiner Sicht super wichtig. Ich treibe OKR mit voller Energie voran und zeige meinen Kolleg:innen, dass ich das Gesicht von OKR bin. Gleichzeitig bin ich sehr nah an der Geschäftsführung dran und kann so auch Themen, wenn nötig, eskalieren. Die OKR-Champions sind ebenfalls sehr wichtig. Sie sind wie ein verlängerter Arm und wir stellen so gemeinsam sicher, dass wir auch mit OKR “on track” bleiben. Meiner Ansicht nach ist ein weiterer Erfolgsfaktor, wie zu Beginn erwähnt, die sinnvolle Etablierung von Routinen. Zum Beispiel können Check-ins dabei helfen, Fortschritte zu erzielen und Hindernisse transparent zu machen. Erfolgserlebnisse, auch wenn sie noch so klein sind, sind sowohl für das C-Level als auch für Teams wichtig und motivierend.
Christina: Was wären aus deiner Erfahrung heraus ein paar Dinge, die du gerne vorher gewusst hättest? Oder anders ausgedrückt, welche Fehltritte oder Herausforderungen möchtest du mit den Lesenden teilen?
Sabine: Also, aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass man nicht unbedingt alles befolgen sollte, was einem von Außenstehenden geraten wird. Externe Berater können sicherlich helfen, aber letztendlich mussten wir unseren eigenen Weg finden und feststellen, dass die Theorie oft nicht mit der Praxis übereinstimmt.
Zudem ist es meiner Meinung nach extrem wichtig, die Kommunikation und das Enablement richtig zu gestalten. Rund 80% des Erfolgs sind darauf zurückzuführen und nicht auf die Software oder Ähnliches. Ich selbst bin quasi eine Kommunikationsmaschine rund um OKR.
Und schließlich haben wir für uns festgestellt, dass es manchmal Sinn macht, nicht nur komplett messbare KRs zu definieren. Bevor wir endlos diskutieren (und so eine Diskussionsrunde kann auch schnell teuer werden), ob und wie wir die KRs messen können, erlauben wir uns, sogenannte Entscheidungskriterien(z.B. dass das C-Level bewertet, ob es erreicht wurde) zu nutzen. Das hat uns dabei geholfen, pragmatisch in die richtige Richtung zu steuern. Wir wissen, dass das vielleicht nicht “by the books” ist und versuchen immer noch so viel wie möglich messbar zu machen, aber trotzdem hilft es uns dabei das OKR framework noch zugänglicher zu machen.
Christina: Vielen Dank für das Gespräch und deine Einblicke in das Thema OKR!